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Wenn Vielfalt sichtbar wird – Ein Besuch in einer kleinen Dorfschule

  • Autorenbild: Florence Bernhard
    Florence Bernhard
  • 11. Sept.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 12. Sept.

Wenn ein Junge seine Patchworkdecke zeigt und eine ganze Schule applaudiert…


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Schon beim Eintreten ins Schulgebäude spüre ich die besondere Atmosphäre: Kinder, die lachend durch die Gänge laufen, eine Lehrerin, die einer Schülerin geduldig zuhört, und auf der Wand bunte Collagen vom letzten Projektlernen. Meine Lernreise führte mich diesmal an eine kleine Dorfschule bei Winterthur – Kindergarten und Primarschule unter einem Dach.


Hier treffe ich Jacqueline Hofmann, die engagierte Schulleiterin. Mit leuchtenden Augen erzählt sie mir, was sie und ihr Team antreibt: „Alle Kinder sollen, so gut es geht, hier im Dorf die Schule besuchen können – mitten in ihrer Gemeinschaft.“ Ich spüre sofort, diese Haltung ist kein theoretischer Leitsatz, sondern prägt den Alltag.


Besonders berührt hat mich ein Beispiel aus den wöchentlichen Schulversammlungen: Ein Junge, der mit ISR unterstützt wird, zeigte voller Stolz seine selbstgenähte Patchworkdecke. Seine Mitschüler:innen applaudierten begeistert – und beim nächsten Mal traute er sich, sogar einen ganzen Satz vorzutragen. Solche kleinen Momente sind gross, weil sie zeigen, wie Teilhabe entsteht.


Teilhabe ermöglichen

In dieser Schule passiert inklusives Lernen nicht nur in besonderen Projekten, sondern in vielen unscheinbaren Details:

  • In den altersdurchmischten Klassen (1.–3. und 4.–6. Stufe), wo Heterogenität selbstverständlich wird, siehe auch den Post von Daniel Jesenegg auf LinkedIn.

  • Im Projektlernen am Mittwoch, wenn Kinder eigenen Fragen nachgehen – im Werkraum, in der Küche oder in der Turnhalle – und erfahren, dass ihre Interessen zählen, wichtig sind und wertgeschätzt werden.

  • In der Art, wie Assistenzen nicht als „Helfende am Rand“, sondern als vollwertige Teammitglieder gesehen werden.

  • In der engen Zusammenarbeit der Stufen in Förderteams, die Förderung systematisch planen und die schulische Entwicklung gemeinsam voranbringen.


Natürlich kennt auch diese Schule ihre Grenzen, berichtet mir Jacqueline Hofmann. Manche Kinder brauchen mehr Strukturen, als vor Ort möglich sind. Und doch bleibt der Wille spürbar, gemeinsam Lösungen zu suchen. Jedes Jahr reflektiert das ganze Team ihre gesetzten Ziele, setzt neue Schwerpunkte und entwickelt sich weiter. Impulse entstehen nicht nur „von oben“, sondern wachsen aus dem Miteinander.

Und doch bleibt die Frage, ob Entwicklungswege in einer kleinen Dorfschule manchmal einfacher sind: Ein überschaubares Team, kurze Wege, schnelle Absprachen – vieles lässt sich direkt anpacken. Gleichzeitig fehlen oft Gesamtressourcen und Spezialisierungen, die grössere Schulen mitbringen. Genau darin liegt die Spannung.


Ich nehme in meinen Rucksack:

Für mich zeigt sich hier, wie entscheidend kleine Anpassungen im Alltag sind: Räume öffnen, Lebensrealitäten wahrnehmen, Vielfalt sichtbar machen. Inklusive Bildung beginnt in solchen Momenten – wenn ein Kind sich traut, seine Decke zu zeigen, und von allen gefeiert wird.


Am Ende unseres Gesprächs sagt Jacqueline Hofmann: „Man muss nicht alles auf einmal schaffen. Wichtig ist, die vorhandenen Freiheiten zu nutzen und Schritt für Schritt unterwegs zu bleiben.“

Vielleicht ist es genau dieser Mut, der Schule lebendig und zukunftsfähig macht.


Danke, liebes Team und liebe Jacqueline Hofmann, dass ich bei euch Halt machen durfte!

 
 
 

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